Mehr als 180 Menschen sind in der Flutnacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen ums Leben gekommen. Zum zweiten Jahrestag der Katastrophe hat Präses Dr. Thorsten Latzel ein Gebet formuliert.
Gott,
zwei Jahre ist es her, dass in wenigen Stunden alles anders war.
Angehörige, Freunde, Nachbarn starben,
Schlamm überall, in der Wohnung, den Mauern.
Das frühere Leben: Bücher, Kleider, Fotos alles Müll.
Die Frage „Warum?“, blieb offen, Gott. Wie so oft.
Vielleicht stellst du sie auch: dir oder uns.
Zwei Jahre ist es her, in denen es weiterging. Gehen musste. Irgendwie.
Manches wurde neu. Anderes blieb Ruine, bis heute.
Wie vorher ist es nirgends. Für niemand, der betroffen war.
Erinnerst du dich auch, Gott, an die Zeit davor? Ist sie bewahrt bei dir?
Seitdem: Arbeit, Urlaub, Krankheit, Freizeit. Das ganze schrecklich schöne Leben.
Aus den Nachrichten ist das alles längst.
Doch manchmal blitzt etwas auf. Modriger Geruch. Das Geräusch der Flut.
Das Gesicht einer Helferin.
Es gab viele Gebete damals, Gott, zu dir.
Bitten, Vorwürfe, vielleicht auch Dank. Oder einfach Schweigen.
Hast du sie alle gehört? Was fängst du damit an?
Bist du irgendwann unserer Katastrophen müde?
Wir kennen deinen Weg nicht, Gott. Verstehen nicht deine Gedanken.
Doch hilf du uns, dass wir einander verstehen.
Dass wir hinhören, wo Nachbarn still trauern.
Anpacken, wo Mauern noch Risse haben.
Umkehren, um deine Schöpfung zu bewahren.
Hilf du uns, Gott, unseren Weg zu gehen.
Amen.