Um Christi willen – auch politisch! Österliche Gedanken zum kirchlichen „Kerngeschäft“

Über das Osterfest ist eine Diskussion entbrannt, wie politisch Kirche sein dürfe. Ich begrüße es sehr, wenn Politiker/innen wie Journalist/innen sich in theologische Fragen einbringen. Das gehört zu einer offenen, demokratischen Gesellschaft – und ist gut protestantisch das Recht jedes Gläubigen.

Schwierig wird es nur, wenn die Haltung zu öffentlichen Äußerungen der Kirche davon abhängt, ob diese der eigenen politischen Position entsprechen: „Legitim ist‘s, wenn es sich mit meiner Meinung deckt.“

  • Wenn Politiker/innen in führenden Staatsämtern den Eindruck erwecken, sie wollten sich unliebsamer Kritik entledigen. Das bereitet mir als Bürger wirklich Sorgen.
  • Oder wenn Journalist/innen ihren eigenen professionellen Abstand aufgeben. In einem Kommentar der WELT wird überrascht festgestellt, dass ich als Präses tatsächlich Geistliches predige, obwohl sie mich doch sonst als „Vorsänger eines rot-grünen Fanclubs“ einsortiert hätten. Hupps! Ein Hauch österlich inspirierter Selbstkritik an der eigenen politischen Agenda der Springer-Presse?

Mir ist es, offen gesagt, egal, welche politische Farbe man uns als Kirche nachsagt. Entscheidend ist allein, dass wir Jesus Christus nachfolgen. Dem Christus, der von den Römern wegen der Verletzung der Grenze von Religion und Politik als „König der Juden“ gekreuzigt wurde. Dem Christus, der von Gott auferweckt und zum alleinigen Herrn der Welt eingesetzt wurde – in allen Lebensbereichen. Dem Christus, der den Umgang mit den Hungernden, Armen, Fremden und Gefangenen zum letztentscheidenden Maßstab des Weltgerichts erhoben hat: „Was ihr einem dieser meiner geringsten Geschwister getan habt, das habt ihr mir getan“ – oder eben auch nicht (Mt 25,40.45). Unsere Aufgabe als Christinnen und Christen ist es, Gott mehr zu gehorchen als den Menschen, auch als politisch bzw. medial gefragten Ansichten, egal welcher Couleur oder Provenienz.

  • Deshalb bezeugen wir die eine, unbedingte Liebe Gottes zu allen Menschen und allen Geschöpfen.
  • Deshalb widersprechen wir, wo immer die gottgegebene Würde von Menschen verletzt wird.
  •  Deshalb ergreifen wir in der Nachfolge Christi Partei für Schwache, Leidende und Unterdrückte.
  • Deshalb treten wir ein für den Schutz menschlichen Lebens von Anbeginn bis zum Ende.
  • Deshalb engagieren wir uns für Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung.

Nein, wir wissen es als Kirche politisch nicht besser und sind keine parteipolitische NGO. Wir brauchen den offenen, demokratischen Diskurs von konservativen, liberalen, sozialen und ökologischen Perspektiven. Und es ist gut, dass Christ/innen verschiedenster demokratischer Parteien in unseren Gemeinden wie Gremien mitwirken und geistlich beheimatet sind. Doch um Christi willen können wir nicht „die Politik den Politiker/innen überlassen“ – weil es in ihr um den Menschen geht und um Gottes Schöpfung. Ganz abgesehen davon: Was wäre dies für ein Grundverständnis demokratischer Partizipation?

Als Kirche sind wir dankbar für den demokratischen Rechtsstaat, in dem wir leben, und für alle, die sich in Politik, Justiz, Medien, Zivilgesellschaft und Kirchen für seinen Erhalt engagieren.

Unser Beitrag dazu ist es im Anschluss an die Barmer Theologische Erklärung, „an Gottes Reich, an Gottes Gebot und Gerechtigkeit und damit an die Verantwortung der Regierenden und Regierten“ zu erinnern (so These V). Das gehört zum „Kerngeschäft“ unserer Kirche in einer arbeitsteiligen Gesellschaft.

 


Theologische Impulse (165) von Präses Dr. Thorsten Latzel

Weitere Impulse: www.glauben-denken.de
Als Buch: www.bod.de

  • 22.04.2025
  • Thorsten Latzel
  • Red